Mitbestimmung des Betriebsrats bei Eingruppierungen

Dieser Artikel beantwortet die Frage, in welchen Fällen Betriebsräte ein Recht auf Mitbestimmung bei der Eingruppierung von Mitarbeitern haben.

1. Ausgangssituation

Betriebsräte haben die Aufgabe, die Gleichbehandlung der im Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter sicher zu stellen. Hierzu gehört vor allem die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit. Um dies zu erreichen, bedarf es eines transparenten Systems, das die Wertigkeit der Arbeitsplätze in ein angemessenes Verhältnis zueinander setzt (Vergütungsordnung), und in das jeder Mitarbeiter eingeordnet werden kann (Eingruppierung).

2. Was genau ist eine Vergütungsordnung?

Eine Vergütungsordnung ist ein kollektives, mindestens zwei Vergütungsgruppen umfassendes Entgeltschema, welches die Zuordnung der Mitarbeiter zu verschiedenen Vergütungsgruppen vorsieht. Zuweilen wird die Vergütungsordnung auch Gehaltsordnung oder Lohngruppenordnung genannt. Die anzuwendende Vergütungsordnung ist je nach Betrieb entweder durch einen einschlägigen Tarifvertrag oder durch den Betrieb selbst vorgegeben.

3. Was genau ist eine Eingruppierung und was gilt für außertariflich Beschäftigte?

Eine Eingruppierung ist die Zuordnung eines einzustellenden oder zu versetzenden Arbeitnehmers in die für ihn maßgebliche Vergütungsgruppe. Diese Zuordnung hat nach bestimmten, generell beschriebenen Merkmalen zu erfolgen, anhand derer die vertraglich auszuübenden Tätigkeiten des Arbeitnehmers bewertet werden.

Eine Eingruppierung ist stets eine personenbezogene Einzelmaßnahme. Bei der personenunabhängigen Bewertung von Arbeitsplätzen und Tätigkeiten handelt es sich dagegen um eine allgemeine Arbeitsplatz- oder Tätigkeitsbeschreibung. Diese kann zwar maßgebliche Vorgaben für die Eingruppierung der Arbeitnehmer enthalten, die die bewertete Tätigkeit ausüben, jedoch ist die abstrakte Bewertung eines Arbeitsplatzes noch keine personelle Einzelmaßnahme und daher auch keine Eingruppierung (BAG v. 17.11.2010 – 7 ABR 123/09).

Oft stellt sich die Frage, welche Auswirkungen es auf die Eingruppierung eines Arbeitnehmers hat, ob dieser tariflich oder außertariflich beschäftigt ist. Hier gilt: Die Eingruppierung außertariflich Beschäftigter erfolgt wie auch die Eingruppierung tariflich Beschäftigter auf der Grundlage der im Betrieb angewendeten Vergütungsordnung. Die Zuordnung eines Arbeitnehmers in den außertariflichen Bereich ist lediglich das Ergebnis einer Entscheidung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer wegen seiner andersartigen Tätigkeit zwischen zwei tariflichen Gruppen in der angewendeten Vergütungsordnung oder oberhalb der höchsten Vergütungsgruppe einzuordnen ist.

4. Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Eingruppierungen?

Fraglich ist, welchen Einfluss ein Betriebsrat auf die Eingruppierung eines Mitarbeiters nehmen kann oder ob ihm sogar ein gesetzliches Mitbestimmungsrecht zusteht. Gem. § 99 Abs. 1 BetrVG hat ein Arbeitgeber in einem Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Einstellung über die für den Bewerber oder Mitarbeiter vorgesehene Eingruppierung zu unterrichten. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat ferner die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und ihm Auskunft über alle beteiligten Personen zu geben. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben.

Neben den Auskunftspflichten trifft den Arbeitgeber gem. § 99 Abs. 1 BetrVG auch die Verpflichtung, die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Eingruppierung einzuholen. Aus dieser Zustimmungspflicht lässt sich ein echtes Mitbestimmungsrecht auf Seiten des Betriebsrates jedoch nicht ableiten. Das gilt deshalb, weil die Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers stets nur ein Akt der Rechtsanwendung ist. Weder der Arbeitgeber, noch der Betriebsrat können sich über die im Betrieb geltende Vergütungsordnung hinwegsetzen. Die Zustimmungspflicht durch den Betriebsrat ist daher als ein Korrektiv rechtlich falscher Beurteilungen des Arbeitgebers zu verstehen, und nicht als ein Werkzeug zur Herbeiführung eines Kompromisses. Es ist kein Mitgestaltungs-, sondern ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle.

Die rechtliche Erstbeurteilung steht indes dem Arbeitgeber zu. Im Rahmen eines gewissen Beurteilungsspielraumes trifft zunächst er die Entscheidung, welcher Vergütungsgruppe der Arbeitnehmer auf Grund seiner Tätigkeit einzuordnen ist.

5. Wie sollte ein Betriebsrat am besten vorgehen?

Der Betriebsrat sollte sich zuerst bewusst sein, dass sein Mitbeurteilungsrecht einzig und allein die einheitliche Anwendung der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung sicherstellen soll (BAG v. 19.4.2012 – 7 ABR 52/10). In diesem Wissen kann der Betriebsrat der Eingruppierung entweder zustimmen oder ihr die Zustimmung verweigern.

Entscheidet sich der Betriebsrat, der Eingruppierung zuzustimmen, sollte er dies dem Arbeitgeber binnen einer Woche schriftlich mitteilen. Alternativ hierzu kann der Betriebsrat auch schweigen, was gem. § 99 Abs. 3 BetrVG auch als Zustimmung gewertet wird.

Beabsichtigt der Betriebsrat hingegen, seine Zustimmung zu verweigern, so hat er diese Entscheidung dem Arbeitgeber (1.) unbedingt schriftlich binnen einer Woche und (2.) unter Angabe mindestens eines der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend genannten Gründen mitzuteilen.

Es gibt sechs gesetzliche Gründe, auf die der Betriebsrat seine Weigerung stützen kann:

  1. Verstoß gegen Vorschriften: Die Eingruppierung verstößt gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift, gegen einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung, gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung.
  2. Verstoß gegen personelle Auswahlrichtlinien: Eine Auswahlrichtlinie kann beispielsweise beinhalten, dass betriebsinterne Bewerber für bestimmte Arbeitsplätze bevorzugt berücksichtigt werden sollen.
  3. Kündigung oder sonstige Nachteile für Arbeitnehmer: Es besteht die durch Tatsachen begründete Besorgnis, dass in Folge der Eingruppierung im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.
  4. Benachteiligung des einzugruppierenden Mitarbeiters: Der einzugruppierende Mitarbeiter wird durch die personelle Maßnahme benachteiligt, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist. Dies ist etwa der Fall, wenn der Mitarbeiter fälschlicherweise zu niedrig eingruppiert wird, nur um die Lohnkosten auf Arbeitgeberseite zu senken.
  5. Ausbleiben einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung (§ 93 BetrVG)
  6. Störung des Betriebsfriedens: Es besteht die durch Tatsachen begründete Besorgnis, dass der einzugruppierende Mitarbeiter den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der im § 75 BetrVG enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
Achtung! Eine Begründung, die sich in der Benennung einer der Nummern des § 99 Abs. 2 BetrVG oder in der Wiederholung von deren Wortlaut erschöpft, reicht als Begründung nicht aus und führt wegen Zeitablauf zur Fiktion der Zustimmung. Gleiches gilt für Begründungen, die offensichtlich auf keine der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug nehmen.

Hat der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert, kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Führt der Arbeitgeber die Eingruppierung hingegen ohne ein arbeitsgerichtliches Verfahren durch, können Sie als Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dass der Arbeitgeber die Eingruppierung aufzuheben hat. Hebt der Arbeitgeber entgegen der dann rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung die Eingruppierung nicht auf, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dass der Arbeitgeber zur Aufhebung der Eingruppierung durch Zwangsgeld angehalten wird. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt gem. § 101 BetrVG für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.

Lassen Sie sich als Betriebsrat in Konfliktfällen unbedingt von einem erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht beraten. Die Anwälte der Die Betriebsratskanzlei – Fink und Partner verfügen über eine langjährige Erfahrung bei der Vertretung von Betriebsräten und bieten ihnen eine Rundum-Betreuung in allen Rechtsfragen.

6. Zusammenfassung

  • Betriebsräte haben die Aufgabe, die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit sicher zu stellen.
  • Vergütungsordnung ist ein kollektives, mindestens zwei Vergütungsgruppen umfassendes Entgeltschema.
  • Eingruppierung ist die Zuordnung des Arbeitnehmers in die geltende Vergütungsordnung Eingruppierungen sind personenbezogene Einzelmaßnahmen.
  • tariflich und außertariflich Beschäftigte werden nach den gleichen Maßstäben eingruppiert.
  • Auskunft- und Mitbeurteilungsrechte des Betriebsrates bestehen nur in Unternehmen mit einem Betriebsrat und mehr als 20 wahlberechtigten Mitarbeitern.
  • Mitbeurteilungsrecht ist kein Mitgestaltungs-, sondern ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle.
  • Zustimmungsverweigerungen sind dem Arbeitgeber schriftlich binnen einer Woche und unter Angabe gesetzlich genannter Gründe mitzuteilen.
  • beide Seiten können das Arbeitsgericht anrufen.